Maersk & Co.: Stoppt die Plastikmüllexporte in den Globalen Süden!

15 Juli 2022

Fordere deine Bank dazu auf, keine Unternehmen zu finanzieren, die Plastikmüll in den Globalen Süden exportieren! 


Update 18.01.2023: Das EU-Parlament stimmte gestern für eine Verschärfung des EU-Kommissionsvorschlags für Plastikmüllexporte. Nach dem Willen der Abgeordneten soll Plastikmüll vorerst nur noch in Länder der OECD exportiert werden. Nach vier Jahren sollen Plastikmüllexporte aus der EU dann komplett verboten werden. Die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten stehen noch aus.



Die globale Containerschifffahrt gilt als unerlässliches Element für das Funktionieren der Weltwirtschaft. Dennoch (oder gerade deshalb) ist sie aber auch anfällig für eine Reihe von Kontroversen und schädlichen Geschäftspraktiken. Der dänische Branchenriese A.P. Møller-Mærsk ist ein anschauliches Beispiel dafür, was in diesem Sektor schiefläuft. Abgesehen davon, dass Maersk mit 6,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Jahr 2020 der zweitgrößte Umweltverschmutzer der Branche ist - übertroffen nur vom Konkurrenten MSC, welcher als einziges Nicht-Kraftwerk zu den zehn größten Umweltverschmutzern Europas gehört (Thomsen 2021) -, steht Maersk regelmäßig in den Negativschlagzeilen. Es sind wiederholte Vorwürfe der sexuellen Belästigung, der toxischen Männlichkeit und Rape Culture an Bord seiner Schiffe bekannt (Ellis, Hicken 2022). Zudem ist die Reederei in den lukrativen und teilweise illegalen Handel mit Plastikmüll verwickelt, gegen den Interpol bereits ermittelte (INTERPOL 2020). Leider legt Maersk weder offen, wie viel Plastikmüll die Schiffe transportieren, noch wohin die Transporte gehen. Die dänische NGO Plastic Change fordert von Maersk, als eine der größten Reedereien der Welt, Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, was ihre Plastikmüllexporte angeht (Sturlason, Thomsen 2022).

Die Tochterfirma Maersk Supply Services hat zwar eine Richtlinie zu Kunststoffen eingeführt, die darauf abzielt, den Plastikverbrauch und -abfall auf Schiffen sowie entlang der Lieferkette jährlich zu reduzieren. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf dem Ziel, Plastikmüll aus Meeren und Flüssen zu sammeln und dem Recycling zuzuführen und so die Ozeane zu entmüllen. Dafür stellt Maersk das Schleppschiff für The Ocean Cleanup zur Verfügung, eine niederländische gemeinnützige Organisation, die fortschrittliche Technologien  entwickelt, um die Ozeane von Plastik zu befreien und den Müllstrudel Great Pacific Garbage Patch zu beseitigen (Maersk Supply Services 2021, 6). Leider wird das Projekt die weltweite Plastikverschmutzung nicht stoppen. Im August 2021 sammelte das System trotz enormer Kosten für Betrieb, Forschung und Entwicklung nur 8,2 Tonnen Plastik ein, weniger als die Standardtransportmenge eines Müllwagens (Dickie 2021). Als Unternehmen, das schädliche Plastikmülltransporte ermöglicht, sollte Maersk die eigene Verantwortung anerkennen und statt Symptombekämpfung besser seinen Einfluss nutzen und den Export von Plastikmüll in Nicht-EU-Länder einstellen. Aus diesem Grund hat die Break Free From Plastic-Bewegung auf der Maersk-Hauptversammlung im März 2022 das Unternehmen offen aufgefordert, den Handel mit Plastikmüll einzustellen (BFFP 2021).

Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, wird sich der jährliche Plastikzufluss in die Ozeane bis 2040 fast verdreifachen. Mit 29 Millionen Tonnen pro Jahr entspricht das rund 50 kg Plastik für jeden Meter Küstenlinie auf der Welt (The Pew Charitable Trusts 2020, 9). Den meisten Plastikmüll pro Kopf erzeugen die Länder mit den höchsten Einkommen (Ritchie, Roser 2018). Für ihren übermäßigen Plastikkonsum sind sie auf den internationalen Abfallhandel mit Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen angewiesen, von denen viele nicht über die Ressourcen und die Infrastruktur verfügen, um den Müll aus dem Globalen Norden zu entsorgen. Unser Dirty Profits 8-Bericht aus dem Jahr 2021 befasst sich mit der Plastikverschmutzung und ihren Auswirkungen auf Ökosysteme, das Klima und die Lebensgrundlagen der Menschen - sowie mit der Rolle von Unternehmen und Banken, die vom schädlichen Plastikgeschäft profitieren. Unter dem Hashtag #plasticprofits haben wir auf diese Problematiken aufmerksam gemacht.

Im Mai 2019 einigten sich 187 Länder im Rahmen der Basel Convention auf strengere Regeln für die Ausfuhr von Kunststoffabfällen: Es sind Regeln für den Handel mit Plastikmüll, um die zunehmende globale Plastikmüllkrise zu bewältigen und insbesondere die akute Belastung für Umwelt und Mensch in den Einfuhrländern durch willkürliches Dumping zu verhindern. Die Beschlussfassung sieht vor, dass kontaminierte sowie die meisten Abfälle von Verbundkunststoffen vor der Einfuhr die vorherige Zustimmung der Empfängerländer benötigen - mit Ausnahme von Mischungen aus PE, PP und PET (Picheta, Dean 2019). Mitte Juni 2022 konnten das Basel Action Network (BAN) und Mitgliedsorganisationen der Break Free from Plastic-Bewegung jedoch Belge vorlegen, dass Exportländer die im Rahmen der Basel Convention im Jahr 2019 getroffenen Vereinbarungen zur Kontrolle der Exporte gefährlicher Kunststoffabfälle, die am 1. Januar 2021 in Kraft traten, nicht einhalten. Die USA und die EU haben demnach im vergangenen Jahr etwa 20.500 Behälter mit PVC-Kunststoffabfällen illegal exportiert (Break Free From Plastic 2022).

Die anhaltenden Plastikmüllexporte, die vor allem aus dem globalen Norden in schwächere Volkswirtschaften wandern, sind in dreifacher Hinsicht problematisch. 1.) Es handelt sich um ein Problem der sozialen Gerechtigkeit: Aufgrund der Nord-Süd-Ausrichtung des Abfallhandels verschärfen die toxischen Lasten die globalen Ungleichheiten in einem Maße, dass als „Waste Colonialism“ bezeichnet werden kann (ebd.). 2.) Unübersehbar ist das Umweltproblem: Giftiges Plastik, das in Recyclingstationen und Mülldeponien nicht fachgerecht behandelt wird, gelangt direkt in die Ozeane. Mikroplastik gelangt in Böden, Luft und Wasser. 3.) Dies schadet der Gesundheit von Mensch und Tier, da durch verschmutzte Böden und Gewässer kontaminierte Lebensmittel verzehrt werden. Noch unmittelbarer wirkt sich die unsachgemäße Behandlung von Plastikmüll auf die Gesundheit jener Menschen aus, die in direkter Nähe zu den Mülldeponien leben (BFFP 2021, 3).

Zusätzlich zur nachhaltigen Trilogie „Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln" sowie strengeren Vorschriften für den internationalen Abfallhandel und Überwachung durch supranationale Organisationen, fordert Facing Finance Container-Reedereien zum Stopp von Plastikmüllexporten auf. Zusammen mit Plastic Change appellieren wir deshalb an Maersk, die volle Verantwortung für den eigenen Beitrag zu diesem Problem zu übernehmen und den Transport von Kunststoffabfällen in Länder einzustellen, die nicht in der Lage sind, diese Abfälle ordnungsgemäß zu recyceln.

Anfang dieses Jahres machte es eine der weltweit größten Containergesellschaften, die CMA CGM-Gruppe, vor, und beendete den Transport von Plastikmüll. Auf dem von Präsident Macron organisierten One Ocean Summit kündigte die französische Containerreederei an, dass sie ab dem 1. Juni 2022 keinen Plastikmüll mehr an Bord ihrer Schiffe transportieren werde (CMA CGM 2022). Zuvor verschiffte die Gruppe jedes Jahr etwa 50.000 mit Plastik gefüllte Container. Die Maßnahme ist Teil der CSR-Strategie der Gruppe zum Schutz der biologischen Vielfalt und eine positive Reaktion auf einen Aufruf von mehr als 50 Nichtregierungsorganisationen an die neun größten Containerschifffahrtsunternehmen, den Transport von Plastikmüll in Länder des Globalen Südens einzustellen (Plastic Soup Foundation 2022).

Leider scheint Maersk dem positiven Beispiel von CMA CGM nicht folgen zu wollen. "Einer der Gründe, warum wir ein generelles Verbot von Plastikmülltransporten nicht für eine praktikable Lösung halten, ist, dass ein solches Verbot uns daran hindern würde, verantwortungsbewusste Unternehmen und Organisationen dabei zu unterstützen, Kunststoffabfälle und andere Recyclingmaterialien auf verantwortungsvolle Weise zu Recyclinganlagen zu befördern", teilte die Reederei dem dänischen Online-Medium ShippingWatch mit (Sturlason, Thomsen 2022).

Im vergangenen Jahr hat die deutsche Reederei Hapag-Lloyd demonstriert, wie verantwortungslose Geschäftspraxis in diesem Fall aussieht: Das Unternehmen wurde auf frischer Tat ertappt, als es widerrechtlich 25 Tonnen Plastikmüll in den Senegal bringen wollte. Nachdem der senegalesische Zoll ein Bußgeld in Höhe von 2 Milliarden CFA-Francs verhängt hatte, zu dessen Zahlung sich das Unternehmen bereit erklärte, wurde das betreffende Schiff im benachbarten Mauretanien entdeckt (Greenpeace 2021). Hapag Lloyd erfasst bzw. veröffentlicht keine Zahlen zum Plastikmülltransport und -verbrauch. Der CSR-Bericht verpflichtet sich nur vage, den Abfall an Bord und im Dialog mit den Lieferanten zu reduzieren (Hapag Lloyd AG 2021, 78). Die CSR-Verpflichtung des italienisch-schweizerischen Branchenführers MSC zum Handel mit Kunststoffabfällen ist ebenfalls unzureichend.

Was kannst du tun? Schreibe Deiner Bank! Mit dem neuen Beschluss des EU-Parlaments ist es so relevant wie noch nie für Banken, den Reedereien, die sie finanzieren Druck zu machen damit diese ihre Plastikexporte unterbinden. Schifffahrtsunternehmen sind auf Banken wie die Deutsche Bank, die DZ Bank oder die Commerzbank und Lebensversicherungsgesellschaften wie die Allianz angewiesen, um ihre schädlichen Geschäftspraktiken zu finanzieren. Die Finanzinstitute, die die drei Unternehmen finanzieren oder in sie investiert haben, haben keine eigenen Kriterien, die Plastikmüllexporte unterbinden sollen und es fehlen öffentliche Richtlinien, die ihre Finanz- und Investitionstätigkeiten in Bezug auf Unternehmen, die Plastikmüll verschiffen, steuern. In einer Plastikkrise ist dies nicht hinnehmbar!

 

Finanzbeziehungen zu Maersk, MSC und Hapag-Lloyd in Mio. €
(Kreditvergabe, Begebung von Anleihen, gehaltene Aktien)

Text: Simon Kötschau
Bild: Abfallverladung im Hafen | Bild: Parilov - shutterstock

Die Finanzdaten wurden im Juli 2022 aus der Wirtschafsdatenbank Refinitiv Eikon erhoben.