Die neueste Öl-Pipeline der Welt und ihre Finanziers

10 Januar 2022

Während der Weltklimarat (IPCC) 2021 noch verkünden musste, dass das 1,5 Grad Ziel wahrscheinlich nicht erreicht wird und der neueste UN-Klimabericht von 2,7 Grad Erderwärmung bis Ende dieses Jahrhunderts spricht,[1] sucht das französische Unternehmen Total nach Finanziers für die längste beheizte Ölpipeline der Welt[2]

Die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) soll Öl aus Uganda über 1445 km an die tansanische Küste transportieren und den jüngsten Berechnungen zufolge 5 Milliarden USD kosten. Nach langwierigen Verhandlungen seit der Entdeckung von kommerziell erschließbaren Ölvorkommen im Jahr 2006[3], hat der französische Ölriese letztes Jahr den Zuschlag für das Projekt bekommen. Der Bau der Pipeline soll mit 2 Milliarden USD aus den beteiligten Unternehmen finanziert werden und um 3 Milliarden USD Fremdfinanzierung ergänzt werden.[4]

Die EACOP wurde jahrelang verhandelt und im Zuge dessen wurden Versprechungen gemacht, die für solche Großprojekte üblich sind: Es würden neue Jobs entstehen, das Projekt werde zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen, die lokale Bevölkerung werde entschädigt und am wirtschaftlichen Aufschwung beteiligt. Selbst unter der Annahme, dass diese positiven Nebeneffekte alle eintreten, sollte diese Pipeline im globalen Kontext betrachtet werden. Die wirtschaftlichen Zentren des Westens, Europa und die USA, sind dabei ihre Green New Deals umzusetzen und zig andere Staaten verhandelten in Glasgow jüngst ebenfalls über weitere gemeinsame Schritte, um den Klimawandel einzudämmen. Die Energiewende läuft inzwischen in so gut wie allen Ländern der Welt an und die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch. Auch wenn Öl in vielen Produkten verwendet wird, ist klar, dass die Nachfrage zukünftig abnehmen wird. Damit dürfte auch ein Preisverfall für Rohöl einhergehen, weshalb es fraglich ist, ob diese Pipeline nachhaltig profitabel sein wird.

In einer Studie der Climate Policy Initiative[5] wurde das EACOP Projekt analysiert. Die Autor*innen betrachteten das Projekt unter der Annahme einer globalen Umweltpolitik, die mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel ist und modellierten in diesem Kontext die Wirtschaftlichkeit des Projekts. Die Experten*innen kamen zu dem Schluss, dass für eine gewinnbringende Förderung der Ölvorkommen die Rahmenbedingungen des Projektes neu verhandelt werden müssten. Das würde den Fiskus in Uganda wahrscheinlich Unsummen an Steuereinnahmen kosten aber auch für die Unternehmen noch einmal zusätzliche Ausgaben bedeuten. Grundlegend für dieses Fazit ist unter anderem, dass die ugandischen Ölvorkommen allein in den letzten fünf Jahren 47% an Wert verloren haben – damit hat sich der Wert also fast halbiert. Zusätzlich ergab die Studie, dass allein durch den langfristigen Nachfragerückgang und damit einhergehenden Preisverfall von Öl, 10 Milliarden USD an Vermögenswerten und potentiellen Einnahmen gefährdet sind.[6]

Das ökologische Gefahrenpotenzial der Pipeline scheint noch größer. Es haben sich bereits mehrere Umweltverbände gegen das Projekt ausgesprochen, da die Pipeline durch Naturschutzgebiete verlaufen soll. Zentral sind dabei die Abschnitte im Einzugsgebiet des Viktoriasees. Lecks in der Pipeline könnten mit dem Viktoriasee eine der Quellen des Nils, dem längsten Fluss der Welt, verschmutzen. Lokale Umweltkatastrophen könnten sich also weiter über den afrikanischen Kontinent erstrecken und gefährden somit indirekt noch viel mehr Ökosysteme als jene, im Umkreis der Pipeline. Zusätzlich, sind ca. 40 Millionen Menschen vom Viktoriasee abhängig, um ihren Wasserbedarf zu decken. Die Pipeline soll außerdem durch verschiedene Feuchtgebiete aus der Ramsar Konvention gebaut werden. Diese ist ein völkerrechtlicher Vertrag, über den Feuchtgebiete von internationaler ökologischer Bedeutung klassifiziert werden. Zu diesen direkten Umweltrisiken kommt noch die Belastung des Weltklimas durch Emissionen. Das durch die Pipeline transportierte Öl würde jährlich 34 Millionen Tonnen CO2 verursachen.[7]

Der Widerstand gegen die Pipeline speist sich aber auch aus anderen Quellen. So wurden bereits enteignete Landbesitzer*innen noch nicht entschädigt. Außerdem sind die zahlreichen Nationalparks entlang der Pipelineroute ein zentraler Bestandteil der Tourismuswirtschaft in der Region. Die Branchenangehörigen sehen in der Pipeline eine Gefahr für die Schönheit ihrer Heimat und damit auch ihrem Lebensunterhalt.

Seit Total den Zuschlag für das Projekt im April 2020 bekommen hat, haben gleich mehrere Banken diesem eine Absage erteilt und sich teilweise öffentlich gegen das Projekt gestellt. So gut wie alle Französischen und Schweizer Banken haben bereits mitgeteilt, dass sie das Projekt nicht finanzieren werden. Zu diesen Banken gehören unter anderen die Credit Swiss, BNP Paribas und die Société Générale[8]. Auch die britische HSBC, immerhin die größte Bank Europas[9], hat eine Finanzierung des Vorhabens ausgeschlossen. Zu den Banken, die keine Absagen erteilt haben, gehört unter anderen, die Deutsche Bank. Gegenüber STOPEACOP, eine gemeinsame Initiative von zahlreichen NGOs, wie auch auf unsere Nachfrage verwies die Deutsche Bank lediglich auf ihre existierenden   Geschäftsgrundlagen.[10]

Für so ein gigantisches Projekt benötigen die beteiligten Parteien aber nicht nur Finanziers, sondern auch Versicherer. Auf Nachfrage von STOPEACOP haben sich aus der Gruppe der relevanten Versicherer nur drei Unternehmen zur EACOP Pipeline geäußert. Die Zurich Insurance Group, AXA und die Swiss Re haben bestätigt, dass sie nicht an diesem Projekt beteiligt sind.[11]

Trotz der zahlreichen Banken und Versicherungen, die sich noch nicht zum Projekt geäußert haben, zeigen die klaren Absagen einiger Finanz- und Versicherungsinstitute, dass die Investitionsrisiken der fossilen Energiewirtschaft deutlich relevanter geworden sind, als sie es in den zurückliegenden Jahrzehnten waren. Ein relevanter Begriff in dieser Debatte sind sogenannte „Stranded Assets“. Dieser beschreibt Vermögenswerte, die im Zuge der Transformation hin zu einer nachhaltigen Weltwirtschaft ‘stranden‘ – also ihren Wert verlieren. Ist oder wird die EACOP also ein Stranded Asset?

Im Kontext der globalen Transformation hin zu ökologischeren Arten des Wirtschaftens, ist diese Pipeline wahrscheinlich ein Stranded Asset. Das Gefahrenpotential, das dieses Projekt für Umwelt und Mensch birgt, ist immens und die positiven Effekte minimal und kurzfristig. Eine langfristige Entwicklungsperspektive stellt die EACOP sicherlich nicht dar. Was ist eine Pipeline in 20 Jahren noch Wert? Bei einem Kredit von knapp 3 Milliarden USD[12] ist das eine relevante Frage. Ebenso relevant, wie welche Banken sich an diesem Projekt beteiligen wollen.

Unter https://www.stopeacop.net/banks-checklist können Sie prüfen, ob sich Ihre Bank schon zur Finanzierung der Pipeline geäußert hat. Mehr Infos zu EACOP gibt es unter stopeacop.net und bei banktrack.org zu den Finanziers.

Auf unserer Projektwebsite Fair Finance Guide können Sie außerdem ein detailliertes Rating u.a. zu den Öl-, Klima- und menschenrechtlichen Richtlinien verschiedener Banken ansehen und die Hausbank gleich mit überprüfen.

Anmerkung: Folgende weitere Firmen sind ebenfalls an der EACOP beteiligt: CNOOC Ltd, Tanzania Petroleum Development Corporation (TPDC) und Uganda National Oil Company. (UNOC)[13]; Finanzierungsberatung durch: Standard Bank, Industrial and Commercial Bank of China, Sumitomo Mitsui Bank[14]

Autor: Iason Stemshorn

[1] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/weltklimarat-bericht-klimawandel-101.html ; https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/un-klimaziele-verfehlt-erderwaermung-101.html

[2] https://finance.yahoo.com/news/story-behind-world-longest-electrically-160000368.html#:~:text=Uganda%20has%20signed%20a%20landmark,anticipated%20cost%20of%20%243.5%20billion.

[3] https://www.climatepolicyinitiative.org/wp-content/uploads/2020/12/Understanding-the-impact-of-a-low-carbon-transition-on-Uganda-December-2-2020.pdf

[4] https://www.banktrack.org/download/the_east_african_crude_oil_pipeline_new_risk_developments/210809_risksbanksinvestorseastafricancrudeoilpipeline.pdf

[5] Die Climate Policy Initiative ist eine nicht-gewinnorientierte Organisation für Beratung und Analyse in Umwelt- und Finanzthemen.

[6] https://www.climatepolicyinitiative.org/wp-content/uploads/2020/12/Understanding-the-impact-of-a-low-carbon-transition-on-Uganda-December-2-2020.pdf

[7] https://www.stopeacop.net/why-stop-eacop; https://www.banktrack.org/download/the_east_african_crude_oil_pipeline_new_risk_
developments/210809_risksbanksinvestorseastafricancrudeoilpipeline.pdf

[8] https://www.stopeacop.net/banks-checklist

[9] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/165637/umfrage/marktkapitalisierung-von-banken-in-europa/

[10] https://www.stopeacop.net/banks-checklist

[11] https://www.stopeacop.net/insurers-checklist

[12] https://www.stopeacop.net/banks-checklist

[13]https://www.banktrack.org/download/the_east_african_crude_oil_pipeline_new_risk_developments/210809_

[14] https://www.stopeacop.net/banks-checklist

Bilder:
[1] Oil Textures (rotated) by Daniel Olah - unsplash
[2] (SEI/IGSD, 2021) & Map for EnvironmentEACOP Verlauf
[3] Deutsche Bank, Frankfurt by Marc Rentschler - unsplash