Deutsche Banken finanzieren weiterhin klimaschädliche Kohle

20 Dezember 2021

Am 12. Dezember 2015 wurde womöglich der größte Meilenstein in der Klimageschichte der Vereinten Nationen gelegt. Nach vielen Jahren unzähliger Verhandlungen und Sitzungen einigten sich in Paris alle Vertragspartner der VN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) erstmals auf gemeinsame Richtlinien zur Klimarettung[1]. In diesem völkerrechtlichen Vertrag verpflichteten sich 195 Staaten, die menschengemachte Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen[2]. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer Umlenkung der globalen Finanzströme in nachhaltige Investitionen[3], weshalb Finanzinstitute eine Schlüsselrolle in der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen. Jedoch werden einige Banken ihrer Verantwortung nicht gerecht, indem diese durch zwielichtige Investitionen negativ aufgefallen sind. Insbesondere die Commerzbank und die Deutsche Bank sorgten mit ihrem Vorhaben, Kohleunternehmen zu finanzieren, für Aufsehen.

Am 1. September berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg, dass Russlands größter Kohleproduzent und Betreiber von Kohlekraftwerken, JSC SUEK, neun Banken mit der Emission einer Anleihe beauftragte[4]. Durch die Herausgabe von Anleihen sind Unternehmen in der Lage, Fremdkapital am Kapitalmarkt zu beschaffen. Mit Hilfe des frischen Kapitals zielt SUEK darauf ab, Produktionskapazitäten durch den Ausbau bestehender und die Erschließung neuer Minen zu vergrößern sowie neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von über 16 Gigawatt zu bauen[5]. Die Planungen würden zu einer Steigerung der Kohleproduktion von 25 Millionen Tonnen führen[6]. Aufgrund dessen würde SUEK die langfristigen Klimaziele durch die hohen Emissionen konterkarieren. Unter den Emittenten wäre unter anderem die Commerzbank vertreten, die bereits Kredite in Höhe von 240 Millionen US-Dollar für den Zeitraum Oktober 2018 bis Oktober 2020 an SUEK vergab[7].  Die Commerzbank würde somit nicht nur entgegen den Richtlinien des Pariser Klimaabkommens handeln, sondern auch entgegen ihren eigenen beschlossenen Richtlinien, die die Finanzierung von neuen Kohleminenprojekten untersagt[8]. Dementsprechend sind die selbstauferlegten Klimavereinbarungen der Commerzbank, wie etwa der Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens im Juni 2020, mit Vorsicht zu genießen[9]. Doch nicht nur die Commerzbank sorgte mit der Entscheidung, Anleihen eines Kohleunternehmens zu emittieren, für Aufsehen, sondern auch die Deutsche Bank.

So beabsichtigt die Deutsche Bank Anleihen vom Kohleunternehmen Whitehaven Coal herauszugeben[10]. Whitehaven ist das zweitgrößte unabhängige Kohleunternehmen[11] in Australien und generiert mehr als 80 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf von Kohle[12]. Die Finanzspritze soll dem Unternehmen ermöglichen, drei neue Kohleabbaugebiete (Narrabri South, Winchester South, Vickery) zu erschließen[13]. Eine Realisierung dieses Vorhabens würde, gemäß der Lebensdauer von Minen, eine Freisetzung von fast 1,1 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid bedeuten, was der doppelten jährlichen Emission Australiens entspricht[14]. Somit würde Whitehaven bis 2030 doppelt so viel Kohle produzieren wie heute[15]. Diese Planungen stehen im völligen Widerspruch zu dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und dem eigenen Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu sein[16]. Dementsprechend würde die Deutsche Bank wissentlich gegen ihre selbstauferlegten Richtlinien verstoßen.

Die zwei Fälle zeigen, dass eine Transformation zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft nur in Zusammenarbeit mit dem Finanzsektor möglich ist. Insbesondere Großbanken, wie die Commerzbank und Deutsche Bank müssen in der Pflicht stehen, ihre Kredit- und Investmentportfolien im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Banken nehmen durch ihre Finanzierungen immensen Einfluss auf das Klima. Es ist höchste Zeit, dass sie Kohleunternehmen den Geldhahn zudrehen.

 

Autor: Salim Rehan

 

Quellen:

[1] https://www.bmu.de/themen/klimaschutz-anpassung/klimaschutz/internationale-klimapolitik/pariser-abkommen

[2] Ebd.

[3] https://www.bmz.de/de/service/lexikon/klimaabkommen-von-paris-14602

[4]https://www.banktrack.org/article/us_and_german_banks_issue_new_deal_for_russian_coal_giant_suek_just_2_months_before_cop26#_

[5] https://urgewald.org/medien/commerzbank-partie-anleihe-russlands-groesstem-kohleunternehmen

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8]https://www.commerzbank.de/media/nachhaltigkeit/ii__positionen___richtlinien_/Commerzbank_ES_Framework_DE_Final.pdf

[9]https://www.commerzbank.de/de/nachhaltigkeit/nachhaltigkeitsstandards/mitgliedschaften_und_initiativen/klimavereinbarung_finanzsektor/klima_selbstverpflichtung.html

[10] https://www.banktrack.org/article/deutsche_bank_prepares_to_raise_funds_for_whitehaven#_

[11] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/kohlebranche-tinkler-konsortium-bietet-milliarden-fuer-whitehaven-coal/6877392.html

[12] https://www.kritischeaktionaere.de/deutsche_bank/die-deutsche-bank-muss-auf-die-internationale-energieagentur-hoeren-keine-neuen-investitionen-in-fossile-energien/

[13] https://www.banktrack.org/article/deutsche_bank_prepares_to_raise_funds_for_whitehaven#_

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/untersuchung-von-shareaction-nachhaltigkeitsstudie-wirft-deutschen-banken-bummelei-bei-klimazielen-vor/27583256.html?ticket=ST-6823999-phXIsY9YisH0Vxj0N3Gk-cas01.example.org

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